FORSCHUNG & ENTWICKLUNG

 Cobot setzt Fruchtfliegen ohne Anästhetika um 

Automatisierungslösung für die neurologische Forschung

ABB Robotics und das Duncan NRI (Jan and Dan Duncan Neurological Research Institute) am Texas Children's Hospital, einem der größten Kinderkrankenhäuser in den USA, haben einen innovativen medizinischen Durchbruch erzielt und einen automatisierten Arbeitsplatz für den Transfer von Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) entwickelt. Dieser ist mit dem kollaborativen Roboter YuMi von ABB ausgestattet und kommt im Rahmen der Erforschung von Krankheiten wie Alzheimer, Huntington und Parkinson zum Einsatz.

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ABB AG

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Dies ist die erste Automatisierungslösung, bei der die Fliegen vor dem Umsetzen nicht mit Anästhetika wie Kohlendioxid betäubt werden müssen – ein mühsamer Schritt bei früheren Automatisierungslösungen, der sich negativ auf das Verhalten der Fliegen und möglicherweise auf die Genauigkeit der Studienergebnisse auswirken konnte.

Der YuMi-Cobot von ABB führt die gleichen Bewegungen wie menschliche Forschende aus, um die Fliegen in Fläschchen (Vials) umzusetzen. So können sich die Wissenschaftler auf wichtige Aufgaben konzentrieren, wie die Prüfung der Wirksamkeit neuer Medikamente zur Behandlung neurologischer Störungen. Zudem entfällt die Notwendigkeit, die Fliegen vor dem Transfer zu betäuben, was die Präzision der Ergebnisse verbessert und den Umsetzprozess beschleunigt.

„Wir haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte in der Laborautomatisierung erzielt. Dennoch werden einige wichtige Aufgaben immer noch manuell ausgeführt, was die Ergebnisse beeinflussen kann. Die Arme unseres YuMi-Cobots arbeiten unabhängig voneinander, aber koordiniert und ermöglichen es, die komplexe Aufgabe des Transfers von lebenden Fliegen zwischen den Vials zu automatisieren.“ 

Jose-Manuel Collados, Leiter Produktlinie Service Robotics, ABB

Drosophila melanogaster, allgemein als Fruchtfliege bekannt, hat sich in der Erforschung verschiedener Bereiche der Biologie, einschließlich Genetik und Verhaltensforschung, bewährt. Die Fruchtfliege hat viele genetische und entwicklungsbedingte Marker mit dem Menschen gemeinsam und wird weltweit im Rahmen von Studien über neurologische Erkrankungen bei Menschen eingesetzt.

Die Forschenden füttern die Fruchtfliegen alle 30 Tage, indem sie sie in Fläschchen mit frischem Futter umfüllen. Ein typisches Labor besitzt etwa 20.000 Vials, und die Forschenden verbringen etwa 20 Prozent eines Arbeitstages damit, die Fliegen umzusetzen. Dabei halten sie ein Vial, das die Fliegen enthält, über ein Vial mit frischer Nahrung. Anschließend klopfen sie es leicht an, um die Fliegen fallen zu lassen. Bei allen bisherigen Versuchen, diesen Prozess zu automatisieren, wurden die Fliegen während des Transfers außerhalb der Gefäße ausgesetzt, was dann eine Sedierung erforderte.

Die Expert:innen von ABB Robotics arbeiteten mit den Forscher:innen des Duncan NRI zusammen, um eine Arbeitsstation für den automatisierten Fliegentransfer zu entwickeln. Sie umfasst den Cobot YuMi, einen Tisch mit Vials für das Umsetzen, eine Barcode- und Etikettiereinheit sowie einen Abfallschacht.

„Diese innovative Lösung beschleunigt die biomedizinische Forschung und ist das Ergebnis unserer mehr als zweijährigen engen Partnerschaft mit ABB Robotics“, so Dr. Juan Botas, Professor in der Abteilung für Molekular- und Humangenetik und der Abteilung für Molekular- und Zellbiologie am Baylor College of Medicine sowie leitender Wissenschaftler am Duncan NRI. „Die DNRI-Forschenden um mich und Dr. Ismael-Al Ramahi, Assistenzprofessor am Baylor College of Medicine und ebenfalls Forscher am Duncan NRI, verfügen über profundes Know-how in der Biologie der Fruchtfliege. Dank Kombination mit der Automatisierungsexpertise von ABB konnten wir eine Cobot-basierte Lösung entwickeln. Sie reduziert den Zeitaufwand, vermeidet Verluste und ermöglicht es, mehr Versuche parallel durchzuführen.“

YuMi übernimmt den gesamten Prozess des Umsetzens der Fruchtfliegen und führt hierzu zehn vorprogrammierte Schritte in schneller Abfolge aus. Wie ein Mensch nimmt YuMi ein Vial mit lebenden Fliegen, öffnet den schützenden Zelluloseacetat-Stopfen, hält das Fläschchen über eines mit frischer Nahrung und klopft es ab, um die Fliegen umzusetzen. Anschließend verschließt er die Vials, etikettiert sie, scannt sie und setzt sie in Pappgestelle. Zudem entsorgt der Roboter die alten Fläschchen, um eine Kreuzkontamination zu vermeiden.

Ein wichtiges technisches Merkmal der Lösung ist die Fähigkeit, Barcodes zu lesen und Etiketten mit Stamm- und Genotypinformationen zu drucken, die während des Transfers auf den Vials angebracht werden. Auf diese Weise lässt sich eine sorgfältige Verfolgung und Verwaltung der Drosophila-Stämme sicherstellen. Die fortschrittliche Sensortechnologie des Roboters ermöglicht eine präzise Platzierung der Vials in Standard-Kartongestellen. So können die Forschenden die vorhandenen Fläschchen-Gestelle weiterverwenden, was die Betriebskosten senkt. 

Noch wichtiger ist, dass der Roboter kollaborativ und sicher für die menschliche Interaktion ausgelegt ist. Registriert YuMi mit seinen bewegungsempfindlichen Armen einen unerwarteten Kontakt mit Menschen oder Objekten, stoppt er die Bewegung sofort. So werden Unfälle vermieden und ein Arbeitsbereich für die sichere Zusammenarbeit geschaffen.